Montag, den 10. September 2007

Schärfentiefe

Betrachtungen zu Brennweitenfaktor und Schärfentiefe

In der digitalen Fotografie taucht des Öfteren die Frage auf, wie sich der kleinere Sensor auf die Schärfentiefe auswirkt. Graben wir ein wenig im physikalischen Schulwissen genauer gesagt der Optik. Ein Punkt wird über eine Linse abgebildet. Er gilt als scharf, wenn der so genannte Unschärfekreis kleiner ist, als ein festzulegender Grenzwert. In der Kleinbildfotografie wird dieser üblicherweise mit 0,033 mm angenommen [1].

Schaerfentiefe.jpg

Die Grafik zeigt oben die Abbildung des Punktes, auf den fokussiert wurde. In der Mitte wird der Punkt weiter vorne abgebildet, bei dem ein gerade noch zulässiger Unschärfekreis u´ entsteht und unten wird der Punkt weiter hinten abgebildet, bei dem ein gerade noch zulässiger Unschärfekreis u´ entsteht. Der Bereich zwischen vorne Ov und hinten Oh wird also scharf abgebildet und wird als Schärfentiefe bezeichnet.

Der Brennweitenfaktor

Die „Normalbrennweite“ für ein fotografisches System erfasst die Gegenstände in einem Bildwinkel von ca. 47°. Sie entspricht in etwa der Diagonalen des Aufnahmeformates (Film- oder Sensorformat). Verkleinern wir das das Aufnameformat / Sensor, dann verringert sich auch die Normalbrennweite im Verhältnis zur Sensordiagonalen:


f = Brennweite

D = Sensordiagonale
u’ = zulässiger Unschärfekreisdurchmesser
n = Brennweitenfaktor

Das Verhältnis n wird in vielen Datenblättern von digitalen Kameras als Brennweitenfaktor oder manchmal auch fälschlicherweise als Brennweitenverlängerung bezeichnet. Fälschlicherweise deshalb, weil die Brennweite eines Objektives einen festen Wert darstellt. Sie ändert sich nicht, wenn das Objektiv an einer Kamera mit kleinerem Sensor verwendet wird. Es ändert sich lediglich der Bildwinkel, der vom Sensor erfasst wird so als würde an einer Kleinbildkamera ein Objektiv längerer Brennweite verwendet.

Weil das kleinere Bild später stärker nachvergrößert werden muss, schrumpft auch der zulässige Unschärfekreisdurchmesser im gleichen Verhältnis. (Hinweis: der zulässige Unschärfekreisdurchmesser hängt von der Nachvergrößerung ab. Er wird für Kleinbild üblicherweise auf die Sichtbarkeitsschwelle bei einem 10 x 15 cm Abzug gelegt und beträgt damit 0,033 mm.)

Tiefenschärfe
Sofern wir uns nicht im Makrobereich bewegen gilt für die Tiefenschärfe die folgende Formel:

a = Gegenstandsweite (eingestellte Objektentfernung
f = Brennweite
u’ = zulässiger Unschärfekreisdurchmesser
k = Blendenzahl

für das Verhältnis der Tiefenschärfen mit großem und kleinem Sensor ergibt sich damit:

Das bedeutet, dass bei einem Brennweitenfaktor von 2 die Tiefenschärfe bei kleinem Sensor doppelt so groß ist, wie beim Kleinbildformat. Bei einem Faktor von 3 ist sie 3 mal so groß etc.

Tabellen

Wie groß ist nun der Brennweitenfaktor bei den verschiedenen Kameras / Sensoren? Was ist die Normalbrennweite für die Kamera?

Die Verwendung der äquivalenten Kleinbildbrennweite führt in der Praxis zu sehr viel Verwirrung, weil bei der Angabe von Zahlenwerten teilweise nicht gesagt wird um welche Einheit es sich handelt und unbedarfte Anwender glauben, dass ein Objektiv zwei verschiedene Brennweiten haben kann etc. Auch in der analogen Fotografie gab es Verwirrung, wenn der Fotograf mal mit einer Kleinbildkamera und mal mit einer Mittel- oder Großformatkamera gearbeitet hat. Deshalb gibt es schon aus dieser Zeit den Begriff des relativen Abbildungsmaßstabs [2], der sich 1:1 auf die digitale Fotografie übertragen lässt. Der relative Abbildungsmaßstab beschreibt den Abbildungsmaßstab (also die Größe eines abgebildeten Objektes) bei einer Brennweite im Verhältnis zur Objektgröße bei Aufnahme mit der Normalbrennweite.

Beispiel:

Mit einer Kleinbildkamera und einem 50 mm Objektiv wird eine Person aufgenommen. Bei Aufnahme mit einem 24 mm Objektiv ist die Person im Bild gerade halb so groß. Bei Aufnahme mit einem 200 mm Objektiv ist sie gerade 4 mal so groß, wie in der Aufnahme mit der Normalbrennweite.

Äquivalent auf eine Digitale SLR (hier das Beispiel Nikon, Konica Minolta, Pentax) übertragen bedeutet dieses, dass die Normalbrennweite bei 33 mm liegt. Die halb so große Abbildung wird bei 17mm erreicht und die 4 mal so große Abbildung bei 4 x 33 mm also 132 mm. Die nachstehende Tabelle zeigt die relativen Abbildungsmaßstäbe für die verschiedenen Sensorgrößen an. Es reicht dabei sich zu merken, dass 0,5 ein „ordentliches“ Weitwinkel kennzeichnet, 1 der Normalbrennweite entspricht und 4 für ein „ordentliches“ Teleobjektiv steht.

[1] Gottfried Schroeder, Technische Fotografie, Vogel Verlag Würzburg, 1. Aufl. ISBN 3-8023-0144-7, Seite 24
[2] Gottfried Schroeder, Technische Fotografie, Vogel Verlag Würzburg, 1. Aufl. ISBN 3-8023-0144-7, Seite 71