Mittwoch, den 17. Oktober 2007

Tinte zu Papier gebracht


Auf den ersten Blick scheint es einfach, die Anforderungen an einen Tintenstrahlausdruck zu formulieren. Ohne sichtbare Druckpunkte, auf kartonstarkem Papier, mit brillanten Farben und guter Schärfe sollen die Bilder als Fotos zum Leben erweckt werden.
Auf den zweiten Blick kommen eine Reihe weiterer Anforderungen hinzu. Schnelle Trocknung, hohe Druckgeschwindigkeiten, Wasserfestigkeit, lichtbeständige Farben, kein Vergilben und hohe Lagerungsbeständigkeit bei unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen sind weitere Merkmale einer guten Papier-Tinten-Kombination.

Die verschiedenen Papiertypen

Bevor wir einen näheren Blick auf die einzelnen Eigenschaften werfen, sollten wir uns die unterschiedlichen Papiertypen anschauen. Im wesentlichen wird hier zwischen fünf Papiersorten unterschieden.

  • ungestrichenes (uncoated) Papier
    Das ungestrichene Papier besteht aus dem reinen Papierfilz ohne Beschichtung.
  • gestrichenes (coated) Papier
    Das gestrichene Papier ist mit einer einfachen Beschichtung versehen.
  • matt gestrichenes (matt coated) Papier
    Mit anorganischen Pigmenten beschichtetes, stark saugendes Papier mit einer matten Oberfläche.
  • gussgestrichenes (cask coated) Papier
    In der Regel mit aufgequetschter Gelatine und/oder Mikrokeramiken beschichtetes Papier.
  • Polyethylen beschichtetes (Resign coated) Papier

Darüber hinaus gibt es natürlich inzwischen eine Vielzahl von Textilien, Kunststoffen und anderen Materialen, die mit Tinte bedruckt werden können. Aber auch für diese gelten die nachfolgenden Bedingungen in entsprechend angepasster Form.

Unterlagen für die Tinten

Der Papierfilz ist mit Polyethylen beschichtet, auf den eine weitere Schicht, die fotografische Emulsion oder eine Tinten aufnehmende Polymerschicht, aufgebracht wird.
Die ersten drei genannten Papiertypen sind für den qualitativ hochwertigen Tintenstrahldruck nicht geeignet, da sie die Tinte ähnlich wie ein Löschpapier aufsaugen, was zu einem unscharfen und wenig brillanten Bildergebnis führt. Papiere vom Typ 1 finden sich als einfache Kopierpapiere im Handel. Ein Ausdruck auf diesem Papier ist schnell angefertigt und im direkten Vergleich mit einem guten Papier wird die minderwertige Qualität sofort sichtbar.
Die Papiere vom Typ 4 - 5 sind speziell für den Druck von digitalen Bildern entwickelt worden. Je nach Art der Beschichtung besitzen sie unterschiedliche Eigenschaften, die wir nachfolgend beleuchten.

Tinte auf den unterschiedlichen Papierstrukturen: v.l. ungestrichen, gestrichen, matt gestrichen, gussgestrichen, Polyethylen beschichtet.

Inkjet-Tinten
Die Farben, die vom Drucker auf das Papier aufgebracht werden, können unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Sie bestehen im wesentlichen aus zwei Komponenten: dem Lösungsmittel und dem Farbstoff. Die Kombination der verschiedenen Lösungsmittel und Farbstoffe wird vom Hersteller abhängig vom Druckverfahren und der gewünschten Anwendung fest gelegt. Die haltbarsten Farbstoffe sind die sogenannten Pigmente, die aus einer Zusammenballung von Farbstoffmolekülen bestehen. Ähnlich wie bei einer Tierherde, die sich auf engstem Raum drängt, um möglichen Angreifern eine geringe Angriffsfläche zu bieten, schützt diese Zusammenballung vor dem Zerfall des Farbstoffes durch Umwelteinwirkung. Da diese Farbstoffe naturgemäß deutlich größer sind als einzelne Moleküle, können sie die Düsen eines Tintenstrahldruckers leicht verstopfen. Für die Drucker, die einen Tintentropfen auf thermische Weise, also durch Druckerhöhung mittels Erhitzen aus der Düse drücken, kann der Tintenkopf entsprechend gefertigt bzw. angepasst werden. Bei Piezodruckern, die eine Druckerhöhung mittels eines elektrisch ansprechbaren Piezokristalls vornehmen, ist das schwieriger. Diese Druckköpfe sind mit feineren Düsen ausgestattet und neigen daher eher zu Verstopfungen. Einfache Farbstoffmoleküle oder kleinere Ansammlungen davon bieten zudem eine recht große Angriffsfläche für das Sonnenlicht und sind daher weniger lange haltbar. Aus diesem Grund versuchen die Papierhersteller, die Farbstoffe durch Moleküle im Papier zu binden und zu schützen.

Pigmentfarbstoffe werden in vielen Bereichen, wie z.B. in Metall- oder Autolacken eingesetzt. Auch in Laserdruckern finden sich Pigmentfarbstoffe wie z.B. das schwarze Graphit. Kopien oder Ausdrucke, die hiermit angefertigt werden sind „dokumentenecht“, also sehr lange haltbar. Ein Nachteil der Pigmentfarbstoffe für Tintenstrahldrucker war jedoch bis zum Aufkommen der Epson Ultra Chrome Tinten die deutlich geringere Brillanz der Farben. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem kleineren Farbraum. Dieses Manko ist heute weitestgehend ausgeräumt und die pigmentierten Tinten weisen einen Farbraum gleicher Größe auf.

Die Pigmente links sind die stabilste Form von Farbstoffen, sie sind gegenüber einzelnen Molekülen deutlich haltbarer.

Metamerie
Ein Problem tritt je nach Verwendung der Ausdrucke und Art der Verwendeten Tinte immer wieder in Erscheinung. Es handelt sich um den Wechsel des Aussehens eines Drucks, wenn dieser unter verschiedenen Lichtquellen betrachtet wird. So bekommt ein blauer Himmel unter Leuchtstoffröhren plötzlich einen Magentastich oder ein Grau, was unter Kunstlicht neutral aussah wird plötzlich grün. Dieses Phänomen, das mit dem Begriff der Metamerie belegt ist, kennen wir aber auch aus anderen Bereichen. Wer hat sich nicht schon eine Hose gekauft, die bei der Anprobe schwarz aussah, sich dann im Tageslicht aber dunkelblau herausstellt. Die Hersteller der Tinten und Papiere versuchen durch geeignete Materialwahl das Problem zu minimieren, ganz vermeiden lässt es sich aber selten.

Druckgeschwindigkeit
Auf der einen Seite möchte der Anwender sehr schnell zu seinen Ausdrucken kommen, auf der anderen Seite eine hohe Brillanz und Farbsättigung in seinen Bildern wiederfinden. Diese zwei Bedingungen stehen in enger Wechselbeziehung zueinander. Die Materialien, die eine schnelle Tintenaufnahme bieten, sind die Papiere mit einer mikroporösen Beschichtung.

Wie ein Schwamm nimmt die mikroporöse Schicht die Tinte auf, bis alle Poren voll sind.

Wie ein Schwamm saugt das Papier die Tinte auf und hält es über die Kapillarwirkung fest. Obwohl das Papier sich direkt nach dem Druck bereits trocken anfühlt, ist die Farbe jedoch alles andere als trocken. Der Vorteil dieser Papiere ist neben der schnellen Tintenaufnahme auch das Ausbleiben des - weiter unten besprochenen - Bronzings. Ein Nachteil ist aber die begrenzte Aufnahmefähigkeit für Tinte, die bei 20 - 30 ml/qm liegt. Sind die Kapillare gefüllt, bleibt die restliche Tinte auf der Oberfläche liegen und verschmiert (bleeding). Die üblichen, dem Foto ähnlichen Polyethylen-Papiere sind meist mit einem Polymer beschichtet, dieses quellt, ähnlich einem Reiskorn, bei der Wasseraufnahme auf und kann damit zu einer um den Faktor 10 dickeren Schicht werden. Die Tintenaufnahme ist etwa um den Faktor 10 langsamer, dafür kann eine erheblich größere Menge an Tinte aufgenommen werden. Das Trocknungsverhalten hängt sehr stark von der aufgebrachten Tinte und dem darin verwendeten Lösungsmittel ab. Wird der Drucker in einem zu schnellen Modus betrieben, so kommt es zu einer Art Tropfenbildung, der sogenannten Koaleszenz, vor dem Aufquellen, was zu der im gezeigten Bild sichtbaren Struktur führt.


Wird ein Papier, dass quellen muss, zu schnell bedruckt. So kann die Tinte nicht schnell genug in die Oberfläche eindringen und bildet Tropfen; ein Phänomen, dass als Koaleszenz bezeichnet wird. Das Bild zeigt die Struktur oben mit und unten ohne Koaleszenz.

Bei Polymerpapieren tritt häufig ein weiterer Effekt auf. Wird an einer Stelle eine große Menge Farbstoff aufgetragen, so kann in einigen Fällen das Lösungsmittel schneller in das Papier eindringen, als die Farbstoffe selbst. Letztere bilden dann eine Schicht auf der Papieroberfläche, die wie ein Spiegel wirkt und aussieht wie die Oberfläche einer Bronzestatue. Aus diesem Grunde wird der Effekt auch als Bronzing bezeichnet.


Die Ursache des Bronzing: das Lösungsmittel dringt vor dem Farbstoff in die Oberfläche ein und die Farbstoffe bilden eine metallisch aussehende Fläche.


Fehler im Print: Ein Bild mit ausgeprägtem Bronzing.

Wasserfestigkeit
Im Bereich der Wasserfestigkeit muss zwischen den Eigenschaften der Tinte und des Papiers unterschieden werden. Tinten auf wasserlöslicher Basis sind naturgemäß nicht wasserfest. Andere Lösungsmittel sind aber in vielen Fällen nicht umweltverträglich und kommen daher seltener zum Einsatz.
Ein der Feuchtigkeit ausgesetzter Papierfilz nimmt Wasser auf und verändert damit seine Struktur. Das Ergebnis ist ein Papier mit Wellen. Man spricht vom „cockln” des Papiers. Nur wenn der Papierfilz durch eine wasserundurchlässige Schicht vor Feuchtigkeit geschützt ist, tritt dieses Phänomen nicht auf. Diesen Schutz bieten lediglich die Polyethylen (PE) beschichteten Papiere.
Ein wirklich wasserfestes Papier muss also ein PE-Papier oder ein Film mit einer wasserunlöslichen Tinte sein. Aber selbst dann kann unter Umständen das für die Tintenaufnahme zuständige Polymer durch längere Einwirkung von Wasser von seiner Unterlage abgelöst werden.

Der Effekt von Wasserflecken tritt bei allen Papieren auf, bei denen das Wasser in den Papierfilz dringen kann. Polyethylenpapiere bleiben davon verschont.

Mechanische Beständigkeit
Im Drucker werden die Papiere durch Andruckwalzen bewegt. Ist die Beschichtung der Papiere zu weich, können diese WalzenSpuren auf dem Papier hinterlassen. Auch der mechanische Abrieb durch Kratzen auf der Oberfläche oder das Hinterlassen von Fingerabdrücken sind Qualitätsmerkmale eines Papiers. Häufig sind Fingerabdrücke auf dem Ausdruck aber auf das Berühren des Papiers mit den Fingern vor dem Druck zurückzuführen. Der dabei hinterlassene Fettfilm behindert die Tintenaufnahme und führt zu sichtbaren Defekten.

Luftfeuchtigkeit
Ein in unseren Breiten nicht so gravierendes, aber in anderen Klimazonen äußerst problematisches Phänomen, ist die Anfälligkeit von Tintenstrahldrucken gegenüber Luftfeuchtigkeit. Diese äußert sich vornehmlich auf zwei Arten: Papierverformung und Tintendiffusion.

Eine Verformung des Papiers hat wahrscheinlich jeder schon einmal an Fotos beobachtet. Legt man diese in die Sonne oder hält Papier über Wasserdampf, so beginnt es sich zu wellen. Das gilt auch für Polyethylenpapier. Es nimmt Feuchtigkeit auf, was zu unterschiedlichen Oberflächenspannungen auf der Papierober- und -unterseite führt. Diese Feuchtigkeitsaufnahme erfolgt auch bereits bei dem Bedrucken mit in Wasser gelöster Tinte. Aus diesem Grunde wird die Oberflächenspannung bei der Herstellung entsprechend eingestellt. Gegen das Wellen (engl. curling) sind die Techniker weitgehend machtlos.

Anders sieht es bei der Tintendiffusion aus. Wird das Papier feuchter, so können viele Farbstoffe durch Diffusion ihre Lage verändern. Der Druckpunkt weitet sich aus, was als Migration bezeichnet wird. Da die Farbstoffe, je nach Farbe, unterschiedlich groß sind, können bestimmte Farben - meist die gelbe - leichter ihre Lage verändern als andere, was zu sichtbaren Farbstichen führt. Die Diffusion kann durch Zugabe von Substanzen vermindert werden, die Farbstoffmoleküle binden und an einem Ort festhalten. Häufig dienen diese Substanzen auch noch dem Schutz vor Zerfall der Farbstoffe durch Lichteinwirkung.

Lichtbeständigkeit
Farbstoffe sind als Farben sichtbar, weil sie einen Teil des weißen Lichtes, mit dem sie beleuchtet werden, absorbieren und den übrigen Teil reflektieren. Der gelbe Farbstoff absorbiert beispielsweise Blau und reflektiert Grün und Rot. Der absorbierte Bereich ist mit einer Energieaufnahme verbunden, die mit der Zeit zu einem Zerfall des Farbstoffes führt. Je nach Farbstoff und seiner Lage zum Licht ist dieser Zerfall mehr oder weniger schnell. Die härtesten klimatischen Bedingungen für Farbstoffe finden sich z.B. in Florida. Hohe Luftfeuchtigkeit gepaart mit intensiver Sonneneinstrahlung liefern ideale Bedingungen für beschleunigte Alterungstests. Hierzulande übliche „Haltbarkeitstests“ bei denen die zu vergleichenden Papiere an eine Fensterscheibe geklebt werden, sind damit äußerst fragwürdig, da es sich hierbei um eine Kombination der Alterungserscheinungen durch Lichteinwirkung und dem Einfluss hoher Feuchtigkeit durch morgendliches Kondenswasser im Fensterbereich handelt. Die Entwicklungen der Papier- und Tintenhersteller in den letzten Jahren haben dafür gesorgt, dass es mittlerweile Papier und Tinten-Kombinationen – sogar nicht pigmentierter Tinten – gibt, die haltbarer als klassische fotografische Materialien sind.

Agressive Gase
Ebenso wie die Einwirkung von Licht können auch agressive Gase wie Ozon oder Formaldehyd Farbstoffe zerstören. Diese Zerstörung kann durch verschiedene Papierbestandteile noch begünstigt werden. Pigmentfarbstoffe haben hier wieder den Vorteil der geringen Oberfläche und bestimmte Zusätze im Papier können die Farbstoffe schützen. Gegen die Zerstörung durch Gase hilft aber auch eine Laminierung mit Folie oder ein Rahmen der Bilder hinter Glas.

Fazit
Es hat sich im Bereich der Tintenstrahltechnologie in den letzten Jahren enorm viel getan. Dementsprechend groß ist die Auswahl an Papieren, Druckern und Tinten – und auch an Qualität und Haltbarkeit. In jedem Fall ist eine Lagerung der Inkjet-Ausdrucke in Dunkelheit (im Karton oder Album) bei einer Luftfeuchtigkeit von weniger als 50% und Temperaturen möglichst unter 25 Grad zu empfehlen. Ein Eintüten der Drucke in Pergamintaschen, wie sie von der Negativarchivierung bekannt sind, ist von Vorteil. Bei Folien ist aber Vorsicht geboten. Sie dürfen nicht aus Polyvinylchlorid (PVC) bestehen oder Weichmacher enthalten.

Für Bilder, die an der Wand hängen, hilft der Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung und eine Laminierung mit UVSchutzfolie, aber das frühestens 24 Stunden nach dem Druck, damit die Tinte ausreichend getrocknet ist – auch wenn sich der Ausdruck bereits trocken anfühlt.

Für ihre Unterstützung möchte ich mich bei Frau Dr. Rita Hofmann von der Forschungsabteilung für Inkjetdrucke der Firma Ilford in der Schweiz bedanken.